Strategie Update November 2022

RÜCKBLICK: HOFFNUNG!

Die Erholung an den Aktien- und Anleihemärkten setzte sich im November fast überall fort. Auslöser war wie so oft „Hoffnung“. Hoffnung auf eine weniger straffe Straffungspolitik; Hoffnung auf ausreichende Energiereserven in Europa; Hoffnung auf eine Änderung des wirtschaftsschädigenden Umgangs mit COVID19 Fällen in China durch die Regierung, ausgelöst durch die dortigen Massenproteste. In diesem Zuge konnte der EUR deutlich Boden gegenüber dem USD gutmachen.

USA: Anfang des Monats erhöhte die US-Notenbank zum vierten Mal die Zinsen um 0,75%. Während dieser Zinsschritt von den Marktteilnehmern weitgehend erwartet wurde, überraschten die etwas rückläufigen Inflationsdaten wenige Tage später in der Breite und zündeten eine Kursrakete an den Aktienmärkten. Im Gegensatz zu den bereits erfolgten Rückgängen der letzten drei Monate fiel dieser Rückgang stärker aus als von Analysten erwartet. Die „Überraschung“ geht einher mit derzeit fallenden Ölpreisen wegen der jüngsten rekordverdächtigen Freigaben aus den strategischen Öl-Reserven der USA sowie der geringeren Nachfrage aus China.

Im Zuge der fortschreitenden Bilanzverkürzung der FED bleibt die Stimmung der Einkaufsmanager eingetrübt, was sich in den Konsumdaten allerdings nicht bestätigen lässt. So konnten in den USA am Black Friday (der Freitag nach dem Feiertag „Thanksgiving“ gilt traditionell als umsatzstärkster Tage des Jahres) in diesem Jahr Rekordumsätze generiert werden. Die nahende Rezession spiegelt sich derzeit am stärksten im Immobilienmarkt wider. Während Hauspreise fallen, kommt der Markt für Transaktionen und Neubauvorhaben nahezu vollständig zum Erliegen.

Auch der letzte Teil der Quartalsberichts-Saison verlief solide. Nur wenige Unternehmen berichteten schwache Zahlen. Viel mehr war an mehreren Stellen eine Normalisierung zu erkennen. Nach vorne rechnen die Analysten jedoch mit einer rückläufigen Gewinnentwicklung für das vierte Quartal.

Europa: In Europa konnten die Aktienmärkte ebenfalls Fahrt aufnehmen. Hier dominierte die Hoffnung, dass angesichts sinkender Energiepreise sowie fiskalpolitischer Stimuli die Rezession bedeutend abgemildert werden könnte. Auch keimt Hoffnung auf, dass das Geschäft, mit dem für Europa besonders wichtigen China weniger stark belastet werden könnten, sofern China von seiner wirtschaftsfeindlichen Corona-Politik abweicht.

Ähnlich wie in den USA zeichnet sich die drohende Rezession bislang vor allem in den vorlaufenden Indikatoren und dem Immobilien- / Bausektor ab. Dort jedoch umso stärker. Das Konsumenten-vertrauen, vor allem in Deutschland, liegt so tief wie nie zuvor.

Asien: China hatte im November mit einer aufkeimenden Welle neuer Corona-Infektionen zu kämpfen. Dies führte erneut zu scharfen lokalen Lockdowns und Einschränkungen für die Bewohner diverser Stadtbezirke. Neu in diesem Zusammenhang war jedoch, dass sich die Bevölkerung offenbar an mehreren Orten nicht mehr bereit zeigte, diese Einschränkungen kommentarlos hinzunehmen. Erstmals seit den Studentenprotesten des Jahres 1989 gingen die Menschen auf die Straße und forderten eine Umkehr in der Corona-Politik. Trotz teils heftiger Auseinandersetzungen zwischen Staatsgewalt und Demonstranten scheinen diese Proteste Wirkung zu zeigen. So wurden im Verlauf des Monats an verschiedenen Stellen Auflagen gelockert. Auch waren moderatere Töne aus Peking zu vernehmen, die hoffen lassen, dass es zu weiteren Lockerungen kommen wird. Den chinesischen Aktien tat dieser Umstand gut. Sie gingen mit einem deutlichen Plus aus dem Monat.

Jenseits des ostchinesischen Meeres wächst in Japan der Respekt vor einem möglichen Ende der seit Dekaden fest verankerten 0-Zins bzw. zuletzt 0,25% Zins-Politik. Insbesondere Japan ist von der Energiekrise betroffen, da es erhebliche Teile des Energiebedarfs importieren muss. Aus diesem Grund betrachtet die Bank of Japan einen Inflationsindikator (Core Inflation), der breiter gefasst ist als vergleichbare Indikatoren anderer Länder: Inflation ex. frische Nahrungsmittel. Dies führt dazu, dass einerseits steigende als auch fallende Energiepreise, anders als in anderen Ländern, unmittelbar auf die Core-Inflation wirken, andererseits, dass dort früher als anderswo eine Entspannung an der Inflationsfront zu beobachten sein dürfte. Ob daher die Angst vor einer Zinsanhebung gerechtfertigt sein sollte, bleibt somit fragwürdig. Zweifellos würde sie zu einem Shock-Event am japanischen Anleihemarkt führen und auch dem Aktienmarkt kurzfristig nicht guttun.

AUSBLICK: Der Markt hat immer Recht, oder?

In der Debatte zu der aktuell heiß diskutierten Frage, wann es eine nachhaltige Trendwende für die Aktienmärkte in der gegenwärtigen Krise gibt, wird regelmäßig auf Vergleichszeiträume verwiesen. In diesen Vergleichen findet sich ebenfalls regelmäßig keine einzige Situation, in der die Aktienmärkte einen Wendepunkt ausgebildet haben, während sich die Notenbanken mitten in einem Straffungszyklus befanden und die dadurch ausgelöste Rezession noch nicht einmal angefangen hatte. Die Wendepunkte kamen in der Regel erst einige Monate nachdem der Straffungszyklus seinen Höhepunkt erreicht hatte und meistens sogar erst nach der ersten Zinssenkung.

This time is different! Der Markt sieht dies anders. Zum einen hat sich zuletzt die Kursentwicklung deutlich von der Richtung entkoppelt, in welche die Analysten die Gewinnschätzungen anpassen. Während alle der 11 Sektoren des S&P500 seit Ende September eine positive Wertentwicklung gezeigt haben, gehen die Analysten aktuell davon aus, dass lediglich der Sektor Energy sowie Utilities im 4. Quartal einen Zuwachs im EPS erleben werden. Ein Grund könnte sein, dass die Marktteilnehmer auf einen anderen Zeithorizont schauen und Entwicklungen vorwegnehmen, die weiter in der Zukunft liegen als die Veröffentlichung der Q4 Ergebnis für 2022 im ersten Quartal 2023. Zum Beispiel aufgrund von zukünftigen Zinssenkungen von denen jedoch derzeit keine Rede sein kann.

Quelle: Bloomberg, Eigene Berechnungen

Quelle: Bloomberg, Eigene Berechnungen

Eine weitere Ungereimtheit ist, dass ein Teil der Marktteilnehmer am Anleihemarkt ganz offensichtlich von solchen Zinssenkungen bereits im Jahr 2023 ausgehen. Dies spiegelt die stark inverse Zinsstruktur wider (vereinfacht: kurzfristige Zinsen > langfristige Zinsen = Zinssenkungen in der Zukunft). Die Notenbank jedoch hat im Verlauf der letzten Sitzungen immer wieder klargemacht, dass Sie mit der Straffungspolitik weitermacht, bis der „Job“, Preisstabilität wieder herzustellen, erledigt ist.

Wie auch in den Vormonaten sind wir davon überzeugt, dass es angesichts dieser Unklarheiten zu früh ist, in großem Stil Aktienquoten hochzufahren. Dennoch gibt es Aspekte, die für Investitionen in Aktien und Anleihen, sowie Reduktion von Kasse-Positionen sprechen. Zum einen ist das Timing der Tiefpunkte an Märkten schwierig. Zum anderen gehen wir aktuell davon aus, dass ein wesentlicher Teil des Straffungszyklus in den Kursen bereits eingepreist ist. Auf der Rentenseite können kurze bis mittlere Laufzeiten wieder in Betracht gezogen werden.

Für das Folgejahr erwarten wir, dass die Kurse anders als in diesem Jahr stärker von der Gewinnentwicklung, als von der Zinsentwicklung getrieben werden. Abhängig davon, wie stark die Rezession ausfällt, sind von dieser Seite durchaus Überraschungen zu erwarten. Potenzielle Überraschungen könnten von der Konsum-, der Währungsseite als auch aus China kommen. Auch ist bislang unklar wie stark und in welchem Zeitraum sich das größte Stimulus Paket der US-Geschichte (Inflation Reduction Act) in einer Größenordnung 370 Mrd. USD auf die Wirtschaft auswirken wird.

Strategie

Im skizzierten Marktumfeld im November konnte sich auch die Anlagestrategie behaupten und an der Erholung partizipieren. Alle Risikoklassen weisen daher im abgelaufenen Monat eine positive Performance aus. Alle allokierten Assetklassen konnten signifikante positive Performancebeiträge generieren.

Die Aktienseite hatte hierbei den größten Performanceeinfluss. Insbesondere sind hier die Sektoren Consumer Discretionary, Health-Care und Communication Services als positive Performer zu nennen. Aber auch alle anderen allokierten Aktiensektoren weisen im abgelaufenen Monat eine positive Performance aus.

Auch auf der Rentenseite entfalteten unsere Allokationsentscheidungen ihre Wirkung. Im Verlauf des Novembers haben wir das attraktive Zinsniveau am Rentenmarkt genutzt, um unsere taktische Kasseposition weiter für den Ausbau der Rentenquote zu nutzen. Im Zuge dieser Umallokation haben wir unsere Investitionsquoten in Unternehmensanleihen, Hochzinsanleihen und Wandelanleihen deutlich hochgefahren, da wir davon ausgehen, dass Inflationsraten ihren Zenith erreicht haben und die Zentralbanken bald den strengen Zinspfad verlassen werden. Im Verlauf des November gab es erste Signale in dieser Causa von US-Zentralbankvertretern. Unsere Renteninvestments konnten im abgelaufenen Monat November eine durchschnittliche Performance zwischen 3-6% erzielen, wobei Hochzinsanleihen und Unternehmensanleihen die größten Performancetreiber waren.

Neben den oben skizzierten Allokationsentscheidungen auf der Rentenseite haben wir die Asset Allokation in ihrer Risikoausrichtung weitesgehend belassen. Im Aktienbereich sind wir weiter im Bereich einer neutralen Aktienquote investiert.

Aufgrund der großen Unsicherheit in Sachen Konjukturentwicklung haben wir aktuell keine Ambitionen die Risikoauslastung der Anlagestrategie zu verändern. Insbesondere ein Übergewicht bei Aktien würde dem aktuellen Kapitalmarktumfeld keine Rechnung tragen. Wir sind davon überzeugt, dass im kommenden Jahr eine gute Asset Allokation auf der Rentenseite den größten Einfluss auf die Performance der Anlagestrategie haben wird. Durch unsere Investments haben wir bereits jetzt ein attraktives Renditeniveau in die Portfolien allokieren können.

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