Strategie Update Juni 2022

RÜCKBLICK: „Soft Landing“ hat keine Priorität

Die „Verschnaufpause“ im Mai setzte sich im Juni nicht überall fort. Die Aktienmärkte tendierten in den USA und Europa schwächer, in China konnten die Märkte weiter zulegen. An den US-Rentenmärkten kam es zu einem deutlichen Kurseinbruch.

USA: Die Liste der Daten im Juni, welche die Verlangsamung der US-Wirtschaft nahelegen, ist lang. So gaben die Einzelhandelsumsätze nach und nahezu alle Einkaufsmanagerindizes wurden schwächer berichtet als von den Analysten erwartet. Auch im Immobiliensektor sind deutliche Bremsspuren zu erkennen. Sowohl Baubeginne als auch Hausverkäufe gingen etwas stärker zurück, als es die Analysten erwartet hatten. Die Inflation erreichte ein neues 40-Jahreshoch. Gleichzeitig blieb der Arbeitsmarkt robust und die Auftragseingänge der Industrie stellten sich positiver dar als erwartet. Mitte des Monats überraschte die US-Notenbank die Märkte dann mit dem größten Zinsschritt seit 1994 in Höhe von 0,75%. Argumentiert wurde dies mit dem Preisdruck, welcher durch Ungleichgewichte auf der Angebots- und Nachfrageseite ausgelöst wurde bei gleichzeitig solidem Arbeitsmarkt. In der halbjährlichen Anhörung durch Kongress und Senat wurde Jerome Powell (Präsident der FED) gefragt, ob zu hohe Zinsen zu einer harten Landung mit Rezession führen könnten, antwortete Powell: „Das ist sicher eine Möglichkeit. Das ist nicht unser gewünschtes Ergebnis, aber es ist sicherlich eine Möglichkeit.“

Quelle: Bloomberg LLP.

Quelle: Bloomberg, Eigene Berechnungen

Der Zinsschritt als auch die Kommunikation diverser FED Vertreter waren deutlich aggressiver als der Markt dies erwartet hatte. Darauf folgte eine Anpassung der Renditeerwartung des Marktes nebst fallender Anleihepreise und Aktienkurse. Die Rendite der 10-jährigen Staatsanleihen hat sich inzwischen gegenüber dem Jahresanfang mehr als verdoppelt (sh. Abbildung 1). Dieses Mal war wurde die Tabelle der verlustreichsten Branchen jedoch von den Energie- und Rohstoff-Unternehmen angeführt, was durch gestiegene Rezessionsängste zu erklären ist.

Europa: Auch in Europa war die Zentralbank aktiv. So kündigte die Präsidentin der EZB, Christine Lagarde, im Juni das Ende der Null-Zins Periode an und argumentierte dies ähnlich wie Ihr Amtskollege aus den USA mit einer soliden Wirtschaft und hoher Inflation aufgrund von ökonomischen Ungleichgewichten. Diese Ankündigung jedoch führte insbesondere in Italien zu einem Aufschrei, der in stark angestiegenen Risikoprämien für italienische Staatsanleihen (siehe Abbildung 2) und einer Sondersitzung des EZB Rates mündete. Nicht zuletzt deswegen stellte die EZB ein neues Instrumentarium vor, welches zukünftig ermöglichen soll, fällige Anleihen aus dem PEPP-Programm (Pandemic Emergency Purchase Programme) insbesondere in solche Staatsanleihen zu investieren, deren Risikospanne sich von den „fundamentalen Werten“ entkoppelt hat. Damit könnte im Falle einer neu aufflammenden Euro-Krise seitens der EZB gezielt in die Anleihemärkte solcher Euro-Länder interveniert werden, denen der Markt eine höhere Ausfallwahrscheinlichkeit zuordnet. Die Risikoaufschläge für italienische Staatsanleihen, welche seit Mitte 2021 im Juni auf das höchste Niveau seit dem Ende der Eurokrise im Jahr 2013 gestiegen waren, gaben unmittelbar nach der Ankündigung der EZB deutlich nach. „Whatever-it-takes“ behält also auch in Zeiten der Zinswende seine Gültigkeit.

Ähnlich wie in den USA wurden auch in Europa viele Wirtschaftsdaten schwächer berichtet als erwartet. Dazu kommt, dass an der geopolitischen Front keine Fortschritte zu erkennen sind und die von russischer Seite reduzierten Gasmengen zusätzlichen Druck auf die Wirtschaft einerseits und die Gemüter der Marktteilnehmer andererseits ausüben. Das wiederum führte zu fallenden Kursen.

China: In China setzte sich die positive Entwicklung fort. Viele Wirtschaftsdaten waren positiver als erwartet berichtet worden. Dies traf insbesondere für das durch die Corona-Lockdowns stark gebeutelte produzierende Gewerbe zu. Lediglich der Dienstleistungssektor schwächelte angesichts der noch immer etwas angespannten Corona-Lage noch etwas. Angesichts der massiven staatlichen Stimulierungsmaßnahmen ist die positive Entwicklung nicht besonders verwunderlich. Auf Ebene der Lokalregierungen wurden bis Ende Juni bereits Sonderanleihen für Infrastrukturprojekte mit einem Gesamtvolumen von rund 500 Mrd. EUR aufgelegt . Damit ist das ursprünglich für das Jahr 2022 definierte Jahresziel an Ausgaben für Infrastruktur bereits zur Jahresmitte erfüllt. Die Gelder fließen auf Wunsch Pekings vornehmlich in den Ausbau des Verkehrs- und Stromnetzes, sowie in Projekte zur Erzeugung erneuerbarer Energien.

AUSBLICK: Gewinne sind entscheidend

Während die Entwicklungen am Kapitalmarkt in diesem Jahr bislang vor allem durch die Zinswende und den Auswirkungen geopolitischer Ereignisse geprägt waren, lief die Realwirtschaft bislang sehr solide. Mit gestiegenen Zinsen und sich kontinuierlich verschlechternden Finanzierungsbedingungen dürfte sich dies jedoch ändern. In der zweiten Monatshälfte des Julis beginnt die Berichtssaison für das 2. Quartal, welche unter Umständen durch negative Überraschungen geprägt sein könnte, sofern sich die Befürchtungen vieler Marktteilnehmer bewahrheitet.  Andererseits tendieren Märkte dazu, solche Entwicklungen vorwegzunehmen, was die Frage aufwirft, wie viel dieser erwartbaren Entwicklung bereits in den heutigen Kursen enthalten ist.

Quelle: Eigene Berechnungen

Quelle: Bloomberg, Eigene Berechnungen

Um zu veranschaulichen, wie Rückgänge in der Gewinnentwicklung sich im Zusammenspiel mit den Bewertungen verhalten, und wie sich dieses Verhältnis über den Zeitablauf von 10 Jahren verhalten hat, zeigen wir in Abbildung 3 eine Matrix, in der Bewertungen gegen die zukünftige Gewinnentwicklung abgetragen werden. Den Mittelpunkt stellt der Kurs des S&P500 zum Zeitpunkt der Erstellung in Höhe von 3785 Punkten dar. Grundsätzlich kann vorausgesetzt werden, dass sinkende Zinsen zu rückläufigen Bewertungen führen. Negative Zinsüberraschungen dürften also zu einer Verschiebung ins rechte Terrain der Tabelle führen. In Abbildung 4 ist zu erkennen, dass solch gravierende Schwankungen in den Bewertungen in der Vergangenheit keine Seltenheit waren und dass wir aktuell etwas unter dem 10-jährigen Mittelwert liegen.

Nach unserer Einschätzung ist aktuell nicht davon auszugehen, dass sich die großen Herausforderungen „Zinswende“ und „Geopolitik“ kurzfristig auflösen. Es besteht nach wie vor eine realistische Chance auf eine Rezession, insbesondere in Europa, wo die Abhängigkeit von Gas als Energieträger die Achillesferse darstellt. Auch würde es uns nicht überraschen, wenn sich die EZB trotz dieser Risiken ähnlich wie die FED entschlossener präsentiert als viele Marktteilnehmer dies annehmen. Mit dieser Einschätzung sind wir nicht ganz alleine, wie jüngst medial aufbereitete Short-Positionen prominenter US-Hedge Fonds (FAZ vom 17.6.2022: „Hedgefonds Bridgewater wettet auf fallende Europa-Börsen“) nahelegen. Somit sehen wir die Talsohle noch nicht durchschritten.

Ein vorsichtiges Anlegerverhalten sowohl auf der Anleihen- als auch auf der Aktienseite ist daher geboten.

STRATEGIE

Das schwierige Marktumfeld beeinflusst auch im abgelaufenen Monat Juni alle Risikoklassen unserer Anlagestragie. Daher weisen im Monat Juni alle Risikoklassen eine negative Performance aus. Unsere aktiven Stabilisierungsmaßnahmen zeigten jedoch auch im Juni erneut Wirkung und somit konnte sich unsere Anlagestrategie den starken Verlusten am Aktien- und Rentenmarkt sogar in Teilen der Portfolien entziehen.

Auf der Aktienseite verloren insbesondere die Sektoren Information Technology, Materials und Financials an Performance. Hintergrund ist die weiterhin aggressive Bekämpfung von Inflation durch die Notenbanken. Die Sektoren Health-Care, Consumer Staples und Consumer Discretionary lieferten jedoch im Juni sogar positive Wertbeiträge in die Anlagestrategie ein. Hervorzuheben sind ebenfalls chinesische Aktien, die gegen die weltweiten Aktienmärkte im Monat Juni deutlich zulegten.

Die Rentenseite kam im Juni ebenfalls deutlich unter Druck. Rezessionsängste bei den Anlegern sorgten für eine Spread-Ausweitung bei Unternehmensanleihen und verursachten Kursverluste.  Gemessen an der laufenden Verzinsung hielt sich das Risiko auf der Rentenseite jedoch in Grenzen. Die durchschnittliche Performance der Renteninvestments betrug ca. -2,3%. Unser Engagement in US-Floatern lieferte einen positiven Performancebeitrag und erzielte damit den gewünschten Diversifikationseffekt.

Im abgelaufenen Monat haben wir die Asset Allokation leicht angepasst. Wir haben unser Engagement in chinesischen Tech Unternehmen weiter ausgebaut und damit die Aktienquote leicht erhöht, sind jedoch in der Summe weiterhin unter der neutralen Aktiengewichtung aufgestellt. Auf der Rentenseite haben wir uns Ende Juni entschieden die Investments in US-Credits zu veräußern und Positionen in CLOs deutlich zurückzufahren. Beide Investments haben gegen die Rentenmärkte in diesem Jahr gut abgeschnitten. Jedoch wollen wir weiterhin Risiken reduzieren und haben in diesem Schritt das US-Dollar Risiko sowie weitere Spread-Risiken reduziert. Genannte Verkäufe vergrößern in allen Risikoklassen unsere taktische Kasseposition.

Insbesondere mit Blick auf die Berichtssaison für das 2. Quartal 2022 rechnen wir weiterhin mit erhöhter Volatilität an Aktien- und Rentenmärkten. In Kürze werden wir daher weitere Allokationsmaßnahmen auf Länder- und Sektorenebene durchführen. In diesem Jahr konnten wir bisher mit unseren Anlagestrategien eine Outperformance zu unseren Benchmarks generieren. Diese Outperformance und die dauerhaft durchgeführten Stabilisierungsmaßnahmen auf Ebene der Asset Allokation wollen wir in den schwankenden Märkten nutzen, um langfristig größere Allokationsschritte auf der Aktien- und Rentenseite durchführen zu können. Insbesondere der Aufbau von taktischer Kasse soll unseren Investoren den bestmöglichen Einstieg in günstig bewertete Assets ermöglichen. In diesem Marktumfeld liegt unser Augenmerk insbesondere im aktiven Risikomanagement. Allokationsschritte, die weiteren Risikoaufbau mit sich ziehen, werden wir nur durchführen, wenn wir außerordentlich attraktive Renditepotentiale ausschöpfen können.

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