2023 – Ein widersprüchliches Jahr

Das Jahr 2023 wird unter politischen und gesellschaftlichen Aspekten sicher nicht auf den ersten Plätzen in diesem Jahrhundert landen. Dafür erlebten die Menschen weltweit in den vergangenen zwölf Monaten zu viel schreckliche, verstörende und aufreibende Ereignisse. Im Gegensatz hierzu haben sich die Kapitalmärkte rund um den Globus rein zahlenmäßig jedoch durchaus beachtenswert geschlagen. Denn trotz massivem geopolitischem Stress, zeitweise heftigem geldpolitischem Gegenwind sowie der anhaltenden Sorge um das Einknicken der volkswirtschaftlichen Dynamik in Richtung Rezession, verzeichneten die Aktienmärkte ein gutes, in einigen Bereichen sogar ein wirklich sehr gutes Jahr. Auch der Blick auf den häufig als „Angstindikator“ bezeichneten Volatilitätsindex VDAX lässt den Investor möglicherweise überrascht zurück. Denn nach einem kurzen, aber markanten Zwischenhoch im März des Jahres, welches in der allgemeinen Verunsicherung durch die Notlage nebst Übernahme der schweizerischen Großbank Credit Suisse begründet war, ist dieser Indikator aktuell auf einem Niveau, welches eine ausgesprochen niedrige Erwartung außergewöhnlicher Kurskapriolen widerspiegelt.

Doch hiermit nicht genug. Denn der weitaus erfolgreichste Aktiensektor, welcher mit einer geradezu historischen Wertentwicklung die Investoren erfreute, war genau derjenige, der zu Beginn des Jahres die wenigsten Anhänger unter Investoren, Fondsmanagern und Analysten hinter sich versammelte. Der Nasdaq 100 Index, der schwerpunktmäßig die US-Technologiebranche repräsentiert, verweist mit einer aktuellen Performance von über 50 Prozent, alle anderen bekannten Börsenindikatoren mit großem Abstand auf die Plätze. Eine Einordnung dieser außergewöhnlich positiven Entwicklung wäre jedoch ohne den Hinweis auf die „Glorreichen Sieben“ (Apple, Microsoft, Alphabet, Tesla, Nvidia, Amazon und Meta) unvollständig. Denn schon die einfache arithmetische durchschnittliche Wertentwicklung von 107 Prozent ist bereits extrem. Und der gemeinsame Beitrag der „Magnificient Seven“ Aktiengruppe zum Nasdaq Anstieg von fast 90 Prozent verdient ohne Zweifel ebenfalls diese Bewertung. Die Wertsteigerung des deutschen Aktienindex DAX liegt währenddessen „nur“ bei knapp 20 Prozent. Die Dominanz der „Glorreichen Sieben“ findet ihren Niederschlag auch darin, dass der allseits beachtete Dow Jones 30 Index (in dem nur zwei der sieben Megacaps enthalten sind) im November des Jahres erstmals eine positive Jahresentwicklung aufweisen konnte, und aktuell bei einer Wertentwicklung von 13 Prozent liegt.

Da sich in den vergangenen 12 Monaten die Ereignisse oftmals überschlugen, sei an dieser Stelle daran erinnert, dass die Anleihezinsen im Dezember des vergangenen Jahres einen geradezu brutalen Anstieg verzeichneten. Die Umlaufrendite deutscher Anleihen stieg etwa von 1,7 % p.a. auf 2,4% p.a., die Rendite für zehnjährige US-Staatsanleihen schnellte von 3,4% p.a. auf 3,9% p.a. empor. Für die Besitzer langlaufender Anleihen entsprach dieser Zinsanstieg einem Kursverlust von 5-7%. Doch trotz weitreichender Befürchtungen und einer Vielzahl von pessimistischen Analysen beruhigte sich die Lage am Zinsmarkt in den darauffolgenden Monaten. In den vergangenen Wochen wurde dann deutlich, dass die Entwicklung der Inflationsdaten sich erheblich abgeschwächt hat, was den Boden für weitere Kursgewinne an den Aktien- und Rentenmärkten bereitete. Dennoch wären die Kursgewinne in weiten Teilen der Aktienmärkte nicht möglich gewesen, wenn die Unternehmen nicht bis in das aktuelle Quartal hinein, gute bis sehr gute Ergebnisse berichtet hätten. Dies gilt vor allem für die bekannten Large-Caps im Bereich der Technologieunternehmen, welche die Entwicklung an den Aktienmärkten im aktuellen Jahr maßgeblich geprägt haben.

In diesem Jahr konnten wir mit unseren Anlagepositionen in Unternehmensanleihen, Staatsanleihen und High Yield Anleihen einen bemerkenswerten Ergebnisbeitrag für unsere Kunden erzielen. Im November haben die langfristigen Zinsen in den USA und in Europa einen vorläufigen Höhepunkt erreicht, von dem aus es zu einer starken Abwärtsbewegung der Renditen kam. Aufgrund des langen Zeitraums niedriger Zinsen haben die Unternehmen in der Breite ausreichend Gelegenheit gehabt, um sich langfristig zu attraktiven Konditionen zu finanzieren. Daher sind die finanziellen Puffer auf Unternehmensseite erheblich, was auch weiterhin für Anlagen im Bereich Investmentgrade, aber auch im High Yield Bereich spricht. Die Realzinsen in den USA und in Europa bewegen sich aktuell auf einem Niveau, welches wir zuletzt vor 15 Jahren beobachten konnten. Diese Marktsituation sollte sich über einen Rückgang der langfristigen Zinsen, bei weiter rückläufiger Inflation abbauen, so dass vor allem höher rentierliche Staatsanleihen aus dem Euro-Raum attraktiv sind. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Beobachtung, dass die Anfang September aufgeflackerte Nervosität hinsichtlich italienischer Staatsanleihen zwischenzeitlich wieder vollständig verflogen ist. In den vergangenen 12 Monaten konnten Investoren mit langlaufenden italienischen Staatsanleihen einen um 7 Prozent höheren Ertrag erzielen als mit vergleichbaren deutschen Anleihen. Auch im kommenden Jahr erwarten wir mit Blick voraus einen überdurchschnittlichen Ertrag mit südeuropäischen Staatsanleihen.

Wenn nicht alles täuscht, dürfte die zwischenzeitlich sehr pessimistische Einschätzung großer Hedgefonds gegenüber den globalen Aktienmärkten zum positiven Kursverlauf an den bedeutenden Börsenplätzen in den vergangenen Wochen beigetragen haben. Im Nachgang zu den Treffen der wichtigsten Notenbanken Anfang November drehte sich die Markterwartung deutlich in Richtung sinkender Zinsen. Dies löste einen erheblichen Renditerückgang im Anleihesektor nebst einer deutlich erhöhten Risikoneigung an den Aktienmärkten aus und führte zudem zu einem bedeutenden Volumen an Eindeckungen von Short-Positionen. Die abflachende Inflationsentwicklung, die geldpolitisch absehbare Entspannung sowie das Ausbleiben einer Rezession in den USA stellen nunmehr eine durchaus konstruktive Gemengelage für die nächsten Monate dar. Und das gilt sowohl für die Aktien- als auch für die Rentenmärkte. Zudem horten die großen US-Unternehmen teilweise rekordhohe Liquidität, die – wie auch in der Vergangenheit geschehen – für Aktienrückkaufprogramme genutzt werden wird.

Der Goldpreis spiegelte in diesem Jahr vornehmlich die Zinserwartungen wider. Zwischen Frühjahr und Herbst drückten die anziehenden Inflationserwartungen und Zinssteigerungen den Preis des gelben Edelmetalls. Im Anschluss profitierte der Goldpreis erheblich vom Schwenk der Notenbanken. Wir erwarten aufgrund einer Kombination von sinkenden Zinsen, einem schwächer tendierendem US-Dollar und anhaltender geopolitischer Nervosität einen weiter festen Goldpreis.
Das gesamte Team von Rhein Asset Management wünscht ein glückliches, gesundes und friedliches Neues Jahr.

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