Durchzug eines Stimmungstiefs – Kurs halten!
Die letzten beiden Handelswochen im Juli hatten es in sich. Gleich drei kritische Entwicklungen manifestierten sich in einem sehr kurzen Zeitraum. Der anhaltend schwache Yen erreichte immer absurdere Kurse im Vergleich zu Euro und US-Dollar. Am Ende lag er sogar oberhalb des historischen Tiefstkurses des Jahres 1990 bei über 160 Yen für einen US-Dollar. Damit hatte der Yen in den vergangenen vier Jahren fast 35 % an Wert gegenüber dem US-Dollar verloren. Dass ein Teil dieser Verluste in der Währung auf die viel zitierten Carry Trades zurückzuführen ist, dürfte unstrittig sein. Schließlich war die Bank of Japan die einzige der wichtigen Notenbanken, die auch dann noch auf eine „Null-Zins-Politik“ setzte, als alle anderen Zentralbanken die Zinsen schon einige Zeit und ganz erheblich erhöht hatten. Dieses Verhalten begünstigte großvolumige Kreditaufnahmen in der japanischen Währung und Investments in höherverzinslichere oder attraktivere Assets weltweit. Die überraschende Zinserhöhung der BoJ Ende Juli setzte zunächst einmal einen Schlusspunkt unter diese Entwicklung. Dennoch wäre die Korrektur an den Aktienmärkten nicht so heftig ausgefallen, wenn nicht gleichzeitig die Daten vom US-Arbeitsmarkt unterhalb der Erwartungen ausgefallen wären und die Marktstimmung in den Wochen zuvor äußerst optimistisch war. Alles zusammen führte dann zu einigen Handelstagen mit deutlichen Kursverlusten an den Aktienmärkten, anziehender Volatilität und sinkenden Anleiherenditen. Innerhalb kürzester Zeit vollzog sich ein radikaler Stimmungsumschwung an den Märkten, der sich auch an der Anzahl der kritischen und zur Vorsicht mahnenden Analysen ablesen ließ. Das „Goldilock-Szenario“, charakterisiert durch einen robusten Arbeitsmarkt, stabile und niedrige Zinsen sowie gute Geschäftsaussichten schien der Vergangenheit anzugehören, nachdem die Marktteilnehmer lange Zeit mit diesem positiven Basisszenario kalkuliert hatten. Doch was ist von der Unruhe geblieben? Heute sind die Volatilitätskennziffern für den US-Aktienmarkt wieder mitten in der Range der letzten 9 Monate. Der besonders gebeutelte Nasdaq Index hat seit dem jüngsten Tief bereits wieder mehr als 10 Prozent zugelegt und notiert aktuell lediglich knapp 4 Prozent unter seinem jüngsten All-Zeit-Hoch. Der japanische Yen notiert auf einem ähnlichen Niveau wie vor 12 Monaten. In welchem Umfang die „Carry-Trades“ eingedeckt wurden, lässt sich wegen der unsicheren Datenlage nicht genau bestimmen. Sicher ist jedoch, dass die Datenlage zur US-Wirtschaft heute bereits wieder eine andere ist als noch vor 14 Tagen. Denn am vergangenen Donnerstag brachten die Daten zu den Umsätzen im US-Einzelhandel eine positive Überraschung. Gleichzeitig blieben die Zinserwartungen intakt, was die Aktienmärkte mit deutlichen Avancen quittierten. Eine befürchtete US-Rezession ist damit unwahrscheinlicher geworden, was sich auf die Geschäftsaussichten der Unternehmen ebenfalls positiv auswirken sollte.
Sollte „Goldilock“ doch noch eine Zukunft haben? Zumindest haben die gesunkenen Zinsen dazu geführt, dass die Bewertung der Aktien insgesamt und besonders der Titel aus dem Technologiesektor wieder attraktiver geworden ist. Gleichzeitig ist die Skepsis der Investoren gegenüber allzu optimistischen Visionen gerade im Bereich der vielzitierten KI-Geschäftsmodelle größer geworden, was ebenfalls zu realistischeren Preisvorstellungen geführt hat. Deswegen hat der kurze, aber heftige Schock an den Märkten durchaus auch sein Gutes und wir sehen in den kommenden Monaten durchaus Chancen auf ein positives Börsenumfeld. Natürlich ist uns bewusst, dass die geopolitische Situation jederzeit erneut eskalieren kann. Zudem steht mit dem alljährlichen Notenbankentreffen in Jackson Hole (USA) Ende dieser Woche ein ganz wichtiger Termin im Kalender, der das Potential hat, die Märkte zu bewegen.
Die strategische Ausrichtung unserer Depots haben wir in den letzten Wochen jedoch kaum verändert. Mitte Juli hatten wir unsere Gewichte der Börsenfavoriten der letzten Monate aus dem Technologiebereich bereits wieder auf ein normales Gewicht zurückgeführt, defensivere Qualitätstitel erworben und die Gewichtung von Anleihen erhöht. Damit können wir auch Phasen erhöhter Unsicherheit und stärkeren Kursschwankungen gut überstehen. Gerade für solche Zeiten ist Kurs halten das oberste Gebot. Für die Gewinne der von uns selektierten Unternehmen sind wir weiterhin optimistisch. Und langfristig werden steigende Gewinne die Kurse machen.