Champion NVIDIA

Die Fussballfans müssen sich noch gut eine Woche gedulden, bis das große Finale der Champions League entschieden wird. Für die Börsianer dagegen war am Mittwoch (22.5.) Abend bereits „Showtime“. Nvidia, der spätestens seit einem Jahr amtierende, unbestrittene Champion der Chipproduzenten stellte sich den Markterwartungen. Und die zu schlagen, war schon fast ein titanisches Unterfangen. Die Erwartungen an die Nr. 1 der Chipproduzenten waren riesig. Vor genau einem Jahr konnte Nvidia noch das Überraschungsmoment für sich in Anspruch nehmen. Die Quartalsergebnisse im Mai 2023 schockten die Analysten- und Investorengemeinde. Damals meldete Nvidia für das erste Quartal 2023 einen Umsatzanstieg von 46 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal. Als Umsatztreiber profilierte sich der Bereich Data Center (Rechenzentren) der, angefeuert von einer großen Nachfrage nach Rechenleistung für künstliche Intelligenz, einen Umsatzanstieg von 83 Prozent aufwies. Das allein wäre schon erfreulich genug gewesen. Was selbst für erfahrene Börsianer aber kaum zu glauben war: Nvidia stellte für das das folgende Quartal einen Umsatzanstieg von gut 50 Prozent in Aussicht, während die durchschnittlichen Erwartungen von einem unveränderten Umsatz ausgingen. Nach dieser Ankündigung sprang die Nvidia Aktie Ende Mai 2023 bereits um mehr als 30 Prozent. Nun ging es um die Titelverteidigung. Und aufgrund der Euphorie, die Nvidia und andere Big Techs im Bereich künstliche Intelligenz in den vergangenen Monaten geschürt hatten, lag die Messlatte sehr, sehr hoch. Doch dem 1993 gegründeten Unternehmen, welches seit dem 12. Januar 1999 an der Nasdaq notiert wird, gelang der erfolgreiche Sprung. Der Umsatz im ersten Quartal 2024 lag bei unvorstellbaren 26 Milliarden US-Dollar und damit 262 Prozent über den Zahlen des Vorjahresquartals. Die Analystenschätzungen hatten bei herausfordernden 24,7 Milliarden US-Dollar gelegen. Und bei einem Blick auf die Entwicklung des Bereichs Rechenzentren wurde wieder einmal klar, woher der Schub bei den Umsätzen gekommen war. 22,6 Milliarden US-Dollar erzielte Nvidia in diesem Geschäft, also rund das fünffache im Vergleich mit den Umsätzen von vor einem Jahr. Das i-Tüpfelchen auf die fantastischen Zahlen lieferte ein Gewinn von 14,9 Milliarden US-Dollar, der ebenfalls die Erwartungen der Analysten schlagen konnte. Doch das Management des in Santa Clara ansässigen Tech-Giganten hatte noch eine positive Überraschung in der Hinterhand. Nvidia kündigte für den 7. Juni einen Aktiensplit im Verhältnis 1:10 sowie eine deutliche Anhebung der Quartalsdividende an. Während Letzteres wohl für die meisten Investoren eher eine untergeordnete Rolle für die Anlageentscheidung spielen dürfte, ist der Aktiensplit vor dem Hintergrund, dass die Nvidia Aktie nach Bekanntwerden der Quartalsergebnisse erstmals die 1000 Dollar Marke durchbrach, schon erheblich. Zahlreiche ähnlich gelagerte Entscheidungen von Unternehmen mit optisch hohen Aktienkursen belegen eine mittelfristig positive Wirkung auf den Aktienkurs. Nachbörslich und im europäischen Handel reichte der Newsflow um die Nvidia Aktie mehr als 5 Prozent nach oben zu hieven. Nun ist das bei den Quartalszahlen der börsennotierten Unternehmen ganz ähnlich wie bei den Finalen der Champions League. Nach dem Finale ist vor dem Finale. Und so geht der Blick bei Nvidia bereits in die Zukunft, wobei die große Frage lautet. Wie lange lassen sich diese Wachstumsraten noch beibehalten oder sogar steigern und wann könnte es zur ersten Enttäuschung kommen? Denn eins ist klar. Auf diesem Niveau wäre ein gutes Ergebnis zu wenig und nur ein deutliches Übertreffen der bereits astronomischen Erwartungen würde künftig wohl zu einem weiteren Aktienkursanstieg führen. Nvidias CEO Jensen Huang, der seit 1993 ununterbrochen CEO des Unternehmens ist, äußerte sich anlässlich der Analystenkonferenz weiter sehr positiv zu den Aussichten für die kommenden Monate. Der neue „Blackwell“ Chip, der ab dem vierten Quartal den Kunden zur Verfügung stehen soll, erfreut sich wie seine Vorgänger einer das Angebot übersteigenden Nachfrage und profitiert von der anhaltend überschäumenden Dynamik im Bereich der generativen KI. Nach Huangs Worten wird Nvidia im Jahresrhythmus neue, leistungsfähigere Chips produzieren können, was eine Verdopplung der Innovationsgeschwindigkeit darstellt. Außerdem expandiere man im Bereich der Netzwerktechnologie und blickt positiv auf die sich dynamisch entwickelnde Nachfrage nach Rechenleistung von staatlichen oder staatsnahen Akteuren zur Entwicklung eigener KI-Modelle.

Die Nachfrage im Bereich der Rechenzentren, die bereits in den vergangenen Quartalen für die schwindelerregenden Gewinnsteigerungen gesorgt hatte, bleibt auf einem steilen Wachstumspfad. Im Wettlauf um die beste KI haben die großen Tech-Unternehmen, allen voran Microsoft, Amazon, Google und Meta angekündigt, in den kommenden Quartalen ihre Investitionen weiter zu erhöhen.

Die Befürchtungen, dass Investoren weltweit bereits in einen irrealen Euphorie-Zustand abgedriftet sind, wird die Märkte sicherlich weiter begleiten. Wir teilen die Bedenken jedoch zum jetzigen Zeitpunkt nicht. Anders, als zu den Hochzeiten des Internetbooms Ende des letzten Jahrtausends dürfte die technologische Entwicklung rund um die „generative künstliche Intelligenz“ sich eher noch in einem frühen Stadium befinden. Obwohl auch die großen Gewinner unter den Technologiewerten in den vergangenen Jahren bereits den einen oder anderen Fehltritt hingelegt haben, gibt es wenig Anzeichen dafür, dass im großen Stil Fehlinvestitionen in Phantasietechnologie oder unrentable Geschäftsmodelle fließen. Die technologische Entwicklung ist jedoch hochdynamisch, so dass die Gewinner von heute nicht automatisch auch die von morgen sein müssen. Schließlich steht die gesamte Branche vor mehreren hochkomplexen Herausforderungen, von denen die Sicherstellung eines ununterbrochenen, preisstabilen Energieflusses für den dramatisch steigenden Energiebedarf möglicherweise die relevanteste ist. Und für Nvidia Aktionäre gilt. Am 15.8.2024 steht das nächste Finale an. Dann berichtet das Unternehmen über das 2. Quartal 2024.

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