Lichtblick in China

Der Krieg in der Ukraine mit seinen entsetzlichen Konsequenzen für viele Millionen Menschen beherrscht weiterhin die Nachrichten in diesen Tagen. An den Kapitalmärkten schwankt die Stimmung zwischen der Sorge vor einer Eskalation mit unabsehbaren Folgen und der Hoffnung, dass sich ganz allmählich eine Lösung aus den laufenden Gesprächen abzeichnet. Dass China hierbei eine elementare Rolle zukommt, ist unter allen Beteiligten unbestritten. China stand in dieser Woche jedoch auch aus einem anderen Grund im Mittelpunkt des Interesses.

Einen Lichtblick brachte in dieser Woche eine außergewöhnliche Veröffentlichung der chinesischen Regierung. Das Komitee für Finanzstabilität und Entwicklung, unter der Leitung von Liu He, seines Zeichens Vizeministerpräsident und oberster Wirtschaftspolitiker, kündigte substanzielle Maßnahmen zur Unterstützung des Wirtschaftswachstums an. Damit waren die „good news“ aber noch nicht zu Ende. Konkret sprach Liu weiter von Unterstützung bei der Stabilisierung der Börse und im eher allgemein gehaltenen Teil seiner Rede von „marktorientierter Politik“ und mehr Transparenz bezüglich der Regulation der großen chinesischen Internetplattformen. Besonders erfreut reagierten Investoren auf den Hinweis, dass die chinesische Administration konstruktive Gespräche mit der US-Börsenaufsicht SEC führe. Einer der größten Belastungsfaktoren für chinesische Aktien in den vergangenen Monaten scheint damit eine positive Wendung zu erfahren. Monatelang hatte die amerikanische Börsenaufsicht damit gedroht, chinesische Unternehmen, deren Aktien sowohl in China als auch in den USA notiert werden, aufgrund mangelnder Transparenz bei der Bilanzierung zukünftig vom US-Börsenhandel auszuschließen. Diese Ungewissheit hatte zu einer regelrechten Flucht aus den großen chinesischen Tech Werten und teilweise zu einer Halbierung der Kurse in den vergangenen sechs Monaten geführt. Der ungewöhnlich positive Nachrichtenfluss führte dann am Mittwoch auch zu einer entsprechenden Reaktion der Anleger: Der Hang-Seng Tech Index gewann mehr als 20% und es kam zu spektakulären Kursgewinnen von bis zu 40 %, selbst in großen Werten. Die Reaktion fiel wohl auch deswegen so heftig aus, weil in den Tagen zuvor ein regelrechter „Sell-Out“ stattgefunden hatte. Analysten der Investmentbank JP Morgan hatten eine Reihe von chinesischen Internetunternehmen aufgrund des drohenden De-Listings in den USA als nicht mehr investierbar bezeichnet. Auch die Ankündigung einer Rekordstrafe der chinesischen Finanzaufsicht gegen Tencent hatte den Verkaufsdruck geschürt. Nachdem die Marktteilnehmer die erfreulichen Nachrichten verdaut hatten, folgte die Nachlese. Die Märkte warten nun auf weitere Anzeichen dafür, dass den Worten auch Taten folgen. Ganz oben auf der Liste der vertrauensbildenden Maßnahmen: die Genehmigung der Börsengänge für Didi und die Ant Group. Der Uber Konkurrent Didi startete im vergangenen Juli in New York fulminant auf dem Parkett und wurde zum zweitgrößten Börsengang in den USA nach Alibaba im Jahr 2014. Doch bereits kurze Zeit später geriet das Unternehmen, wie viele andere Tech Werte auch, ins Fadenkreuz der chinesischen Behörden. Diese stoppten zunächst die Verwendung der App und zwangen das Unternehmen Ende 2021 zum Rückzug von der New Yorker Börse. Bereits im November 2020 ereilt die Ant Group, eine Beteiligung des Alibaba Konzerns ein ähnliches Schicksal. Der damals größte Börsengang aller Zeiten wurde von den Behörden kurz vor Toresschluss abgesagt. Kurz danach begann der Niedergang der chinesischen Wachstumswerte, die fortan von den chinesischen Behörden massiv gegängelt und behindert wurden.

Nun wäre es für das Vertrauen der Investoren enorm wichtig, dass es zu konkreten Ergebnissen zwischen der Finanzmarktaufsicht der USA und China kommt und dass die chinesischen Regulierungsbehörden weitere kapitalmarktfreundliche Zeichen senden. Die Skepsis unter den Investoren ist aktuell noch hoch und die Stimmung leidet weiterhin unter der verschärften Corona Lage und den Unsicherheiten im Immobilienmarkt. Positive Signale der Politik würden in dieser Situation die Investoren daran erinnern, dass eine ganze Reihe von Tech Werten aus dem Reich der Mitte noch erhebliches Potential besitzen.

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